Die Bildung von Faltengebirgen in Europa

nach: The European Science Foundation (1992): Explanation to the sketch map: Orogenic Tectonics around the European Geotraverse, von A. Berthelsen

 

Einführung

Viele Gesteine von Europa sind nicht in Europa entstanden. Sie stammen aus anderen Teilen der Welt und wurden erst nach einer Wanderung von Kontinenten mit Europa verschweißt.

Beim Zusammenstoß der wandernden Kontinente entstehen Faltengebirge (Orogene). Die Faltengebirge bestehen aus zusammengeschobenen Gesteins-Anteilen beider beteiligten Kontinente. Mit jeder Kollison wuchs Europa ein Stück. Dieses Europa-Wachstum erfolgte generell so, dass im Süden neue Stücke hinzu kamen. Im Laufe der Zeit verlor Europa aber auch wieder Teile seiner Gesteine durch Abspaltung.

Die Faltengebirge werden später wieder abgetragen und können mit Sediment- und Vulkan-Gesteinen zugedeckt werden (Becken, Plattform), so dass das Faltengebirge nur durch Bohrungen im tiefen Untergrund nachweisbar ist. Andere Stellen werden gehoben und bringen Gesteine des alten Faltengebirges an die Erdoberfläche (Massive).

In großen Teilen Nord- und Osteuropas sind sehr alte, in der Zeit des Präkambriums gefaltete Gesteine im Untergrund verbreitet. Diese gehören zum ehemaligen Kontinent namens Baltica. Durch den Zusammenstoß von Baltica mit dem Kontinent Laurentia (jetzt Nord-Amerika + Grönland + Nordwest-Schottland) und Ost-Avalonia (jetzt Süd-Großbritannien + Nord-Deutschland) im Zeitraum Silur und Devon entstand das kaledonische Faltengebirge. Dabei wird der Iapetus-Ozean geschlossen (globales Bild). Die Drift von Baltica, Laurentia und Ost-Avalonia zeigt folgende Abbildung. Der aus Laurentia, Baltica und Ost-Avalonia zusammengesetzte Kontinent wird Laurussia genannt.

Später stieß der Gondwana-Kontinent (jetzt Süd-Amerika + Afrika) mit Laurussia zusammen und erzeugte dabei das variskische Faltengebirge und den großen Pangäa-Kontinent. Der rheische Ozean wird dabei in die Tiefe verschluckt.

Pangäa wurde später wieder durch Ozean-Bildung zerteilt und dabei Mikroplatten abgespalten. Die kimmerische und adriatische Mikroplatte wechselten ihre Bewegungsrichtung und stießen wieder mit dem alten Europa zusammen. Die Nahtstellen wurden zu den kimmerischen und alpidischen Faltengebirgen umgeformt.

Abbildung 1: Karte der Faltengebirge in Europa

Kleine Karte der Gebirgsbildungen in Europa

Karte der Faltengebirge mit Legende in hoher Auflösung

 

Präkambrischer Schild und Plattform

Im Zeitraum 3,5 - 0,9 Milliarden Jahre vor heute wurde die präkambrische Kruste des jetzigen Skandinaviens und Ost-Europas durch mehrfache Kollisionen von Kontinenten schrittweise zusammengesetzt. Nach dieser Zeit wird der Kontinent Baltica genannt. Die Gesteine sind im baltischen Schild und im ukrainischen Massiv aufgeschlossen. Im Bereich dazwischen, der ost-europäischen Plattform, werden diese präkambrischen Faltengebirgs-Gesteine von 1 - 3 km mächtigem Deck-Gebirge überlagert. In der Nordost-Ecke der Karte grenzt baikalisches Grundgebirge an Baltica. Das baikalische Grundgebirge wurde vor 700 - 550 Millionen Jahren gefaltet und liegt meist tief bedeckt im Untergrund, kommt aber im Timan-Gebirge nahe an die Oberfläche.

 

Kaledonische Faltengebirge

Das kaledonische Orogen umfasst die schottisch-skandinavischen Kaledoniden und die englisch-norddeutsch-polnischen Kaledoniden.

Die schottisch-skandinavischen Kaledoniden entstanden durch die Kollision von Baltica und Laurentia. Die englisch-norddeutsch-polnischen Kaledoniden stammen von Ost-Avalonia ab, mit Ausnahme des randlichen Überschiebungs-Gürtels. In Nordwest-Schottland ist noch präkambrische Kruste des ursprünglich laurentischen Vorlandes der schottisch-skandinavischen Kaledoniden vorhanden.

 

Variskisches Faltengebirge

Das variskische Gebirge enstand vor 370 - 320 Millionen Jahren. Es gehört zum breiten Kollisionstyp. In den Massiven liegen die variskischen Gesteine jetzt an der Erdoberfläche, in den Becken werden sie von jüngeren Gesteinen verdeckt. Auf der Karte werden interne tektonische Grenzen oder Suturen ("Nähte") dargestellt um die iberische und böhmische Umbiegung und Verschiebung herauszustellen. Diese wurden durch das Eindringen von Gondwana-Ausläufern während der endgültigen Kollision erzeugt. Durch diese Kollision wurde Gondwana und das früh-variskische Europa zu Pangäa vereinigt. Gondwana bringt das cadomische Faltengebirge (Faltung vor 650 - 500 Millionen Jahre) mit.

 

Die Abtrennung von Cimmeria

Die Zeit des Perms und Karbons wurde durch Seitenverschiebungen und Graben-Bildungen bestimmt. Anschließend öffnete sich der keilförmige Paläo-Tethys-Ozean in Südost-Europa im Zeitraum Ober-Perm bis Unter-Trias. Die Öffnung begann im weiten ozeanischen Bereich der Paläo-Tethys südöstlich von Pangäa und wanderte westwärts entlang der südlichen Grenze von Baltica hinein in den variskischen Faltengürtel. Dadurch spaltete sich das lange und dünne Kontinent-Bruchstück Cimmeria von Pangäa ab. Während der Abtrennung drehte sich Cimmeria um einen Punkt im jetzigen Bereich der Karpathen.

 

Kimmerischer Faltengürtel

Im Zeitraum Ober-Trias bis Unter-Kreide schloss sich die Paläo-Tethys-Bucht nördlich von Cimmeria. Dies führte zu mehrfachen Gebirgsbildungen im Bereich des jetzigen Schwarzen Meeres: Nördliche Dobrudscha, Krim, Kaukasus, Balkan, Anatolien sowie Teile Asiens.

Die kimmerischen Gebirge enthalten typischerweise mehr oder weniger aufgearbeitete Überreste der variskischen und der dort eingeschlossenen cadomischen Kruste von Cimmeria.

 

Alpine Faltengürtel

Im Zeitraum Jura bis Unter-Kreide gab es ein komplexes Wechselspiel zwischen der fortschreitenden kimmerischen Annäherung in Südost-Europa, der beginnenden Öffnung des atlantischen Ozeans und einer Reihe relativ schmaler ozeanischer Becken quer durch das zerfallende Pangäa. Diese ozeanischen Becken waren über Transform-Störungen miteinander verbunden.

Im Zeitraum mittlere Kreide bis Paläogen kollidierte die von Afrika abstammende adriatische Mikroplatte zunächst schräg und später frontal mit dem vor-alpinen Europa. Die Vardar- und Piemont-Ozeane der Neo-Tethys lieferten dabei die ophiolitischen Gesteine, die heute die Grenze zwischen dem vor-alpinen Europa und der adriatischen Mikroplatte kennzeichnet. Mit wenigen Unterbrechungen kann diese Sutur heute von der Ägäis über die Vardar-Zone, die Klippen-Zone der Karpathen und die penninische Zone der Alpen bis nach Nordwest-Korsika verfolgt werden. Die Fortsetzung dieser Sutur über Korsika hinaus ist nicht möglich, da sie durch folgende Effekte zerrissen und ausgelöscht wurde:

Die Karte zeigt auch einen alten mesozoischen Ozean-Bereich im Ionischen Meer, von dem man annimmt, dass er zur Rückseite der adriatischen Mikroplatte gehört. Im westlichen Mittelmeer kennzeichnet die gleiche Kreuz-Signatur ozeanische Kruste aus der Zeit des Neogens.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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